Die Pflege in Deutschland braucht Reformen, das hat nicht zuletzt die Corona-Pandemie verdeutlicht. Und die kosten Geld. Ein jetzt vorgestellter Gesetzentwurf dreht gleich an mehreren Stellschrauben, um die Herausforderungen zu meistern – und betrifft Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Unternehmen gleichermaßen.

Die Gesellschaft altert, die Pflegebranche sucht händeringend Arbeitskräfte, Pflegerinnen und Pfleger sind überlastet und unterbezahlt und auch Pflegende, die sich um Angehörige kümmern, schultern immense, auch finanzielle Lasten. Die Pflegereform soll diese Herausforderungen bewältigen. Wer ist davon betroffen? „Pflege geht alle an“, erklärt Kay Pampel, Steuerberater und Fachberater für das Gesundheitswesen bei Ecovis in Halle (Saale): „Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Junge und Alte, Arbeitskräfte genauso wie Unternehmen im Gesundheitswesen.“

Was sich jetzt ändert …

Der neue Gesetzentwurf (20/6544) hat das Ziel, Pflegende und Pflegebedürftige zu entlasten und gleichzeitig die Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung zu sichern. Es ist vorgesehen, dass einige der Änderungen schon ab dem 1. Juli 2023 gelten sollen.

… für Pflegende

„Ziel ist die Begrenzung der finanziellen Belastungen“, erläutert Ecovis-Experte Pampel. Dafür hebt der Gesetzgeber das Pflegegeld und die ambulanten Sachleistungen zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent an. Weitere Erhöhungen folgen 2025 und 2028, und zwar in Anlehnung an die Inflation. Pflegende können zudem künftig das Pflegeunterstützungsgeld pro Jahr für bis zu zehn Arbeitstage je Pflegefall in Anspruch nehmen. Und sie bekommen ab 2024 höhere Zuschläge der Pflegekassen für Angehörige in vollstationären Pflegeeinrichtungen, gestaffelt nach Verweildauer.

… für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Die Reformen kosten Geld. Der reguläre Pflegebeitrag steigt daher auf 3,4 Prozent. Der Arbeitgeberanteil liegt künftig bei 1,7 Prozent. Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestimmt die Zahl der eigenen Kinder die Höhe des Beitragssatzes. „Damit wird den Kosten, die Eltern schultern, Rechnung getragen“, erklärt Steuerberater Pampel.

Die Anzahl der Kinder ist gegenüber dem Arbeitgeber nachzuweisen. Für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2023 sollen laut Gesetzesentwurf die Nachweise für vor dem 1. Juli 2023 geborene Kinder vom 1. Juli 2023 an wirken, wenn die Eltern sie bis zum 31. Dezember 2023 erbringen. Nach der Übergangszeit, gilt die bisherige Regelung: Bei Vorlage innerhalb von drei Monaten nach der Geburt eines Kindes gilt der Nachweis rückwirkend ab dem Beginn des Monats der Geburt, ansonsten ab Beginn des Monats, der dem Monat folgt, in dem Eltern den Nachweis erbringen.

… für Pflegekräfte und Pflegeunternehmen

Damit Pflegeunternehmen dringend benötigte Pflegekräfte anwerben können, ist bereits zum 1. Mai 2023 der Mindestlohn für Pflegekräfte gestiegen. Er richtet sich nach der Qualifikation der Arbeitskraft.

Fazit

Die Reformen sollen entlasten und das Pflegesystem gleichzeitig zukunftssicher gestalten. Gelingt das? „Es ist der Schritt in die richtige Richtung. Denn der Reformbedarf ist groß und die Kosten dafür sind gewaltig“, sagt Ecovis-Steuerberater Pampel. Dazu kommen Maßnahmen für bessere Arbeitsbedingungen. „Klar ist auch, dass die Gesundheitsbranche attraktiver werden muss“. Geplant ist deshalb

  • die Beschleunigung der Umsetzung des Personalbemessungsverfahrens in der stationären Pflege,
  • ein Kompetenzzentrum Digitalisierung und Pflege sowie
  • die Verlängerung und Ausweitung des Förderprogramms für digitale und technische Anschaffungen in Pflegeeinrichtungen.

Hinweis

Zu bedenken ist, dass Bundestag und Bundesrat den Gesetzentwurf noch beschließen müssen. Am 27. April 2023 fand erst die erste Lesung im Bundestag statt. Daher können noch erhebliche Änderungen am Gesetz vorgenommen werden. Der Gesundheitsausschuss des Bundestags beschäftigte sich am 10. Mai 2023 mit dem Gesetzentwurf. Im Anschluss (voraussichtlich Ende Mai 2023) wird das Gesetz in zweiter/dritter Lesung im Bundestag verabschiedet.

 

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