Glas ist ein alltägliches und gleichzeitig ganz besonderes Material: Seine Struktur zeichnet sich durch eine völlig unregelmäßige Anordnung seiner Bausteine, der Atome, aus. Dieser Zustand heißt amorph. Werden flüssige Eisenlegierungen sehr schnell abgekühlt, können sie auch in diesen Zustand gelangen. Solche metallischen Gläser sind der Schlüssel zu besonders effizienten Transformatoren, die eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielen. Am Institut für Materialforschung der Hochschule Aalen (IMFAA) ist jetzt das  Forschungsprojekt „coreA“ mit einem Gesamtvolumen von knapp 1 Million Euro gestartet. Mit „coreA“ möchten die Professoren Dr. Dagmar Goll und Dr. Gerhard Schneider die Entwicklung amorpher Eisen­legierungen voranbringen. Diese sollen von dem Start-up ZEI-Tec an seinem Standort Aalen  produziert werden –  Spitzentechnologie „made in Aalen“.

Der steigende Energiebedarf und die dezentrale Erzeugung erneuerbarer Energien stellen das Stromnetz vor große Herausforderungen. Im Fokus stehen dabei auch die Transformatoren, die ein hohes Potenzial für Energieeinsparungen besitzen. „Aus heutiger Sicht lassen dabei Konzepte mit amorphen Stapelkernen wesentliche Vorteile gegenüber den gegenwärtig im Einsatz befindlichen Elektroblechen bzw. Wickelkernen erwarten. Die Stapelkerne bestehen aus elektrisch isolierten, geschnittenen und gestapelten weichmagnetischen Folien und können im Baukastenprinzip zu passgenauen Maschinen zusammengebaut werden. Sie sollen die derzeit in Deutschland und in der EU verwendeten Trafokerne aus Elektroblech ersetzen“, erläutert Projektleiterin Prof. Dr. Dagmar Goll. Diese könnten einen bis zu 58 Prozent geringeren magnetischen Energieverlust aufweisen. Im Netzbetrieb ließen sich damit im gegenüber einem Durchschnittstransformator bis zu 2,2 Megawattstunden Strom jährlich einsparen, was 2200 Kilowattstunden entspricht. Zum Vergleich: Mit 2200 Kilowattstunden könnte man beispielsweise 2200 Maschinen Wäsche waschen oder 154.000 Tassen Kaffee kochen. „Durch Materialeinsparungen sowie Einsparungen von Prozessenergie, einer Vermeidung von Überproduktion und  der Rückgewinnung von Prozesswärme können jährlich Millionen Tonnen CO2-Emissionen vermieden werden, sodass zusätzlich ein Beitrag zum Erreichen der Klimaziele geleistet wird“, betont die Materialwissenschaftlerin.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zunächst auf vier Jahre bewilligte Projekt „Entwicklung amorpher Weichmagnetkerne für hocheffiziente Transformatoren“ (coreA)“ der Hochschule Aalen konzentriert sich auf die Materialentwicklung im Labor unter Aspekten der Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Mit einer Laboranlage wird eine Eisenlegierung basierend auf Eisen-Silizium-Bor induktiv aufgeschmolzen. Die Schmelze wird auf ein schnell rotierendes Kupferrad gegossen, erstarrt dabei in ultrakurzer Zeit und fliegt als dünne Folie (Band) vom Rad. „Die Erforschung der richtigen chemischen Zusammensetzung sowie Geometrie und Dicke der Bänder sind hier wegweisend“, so Goll. Mit eigenentwickelten Hochdurchsatzmethoden werden besonders vorteilhafte Legierungen identifiziert, die auch ohne das  Element Kobalt auskommen. Denn dieses gehört aufgrund von schlechten Arbeits- und Umweltbedingungen beim Abbau zu den kritischsten Rohstoffen der Gegenwart.

Schon lange wird an der Hochschule Aalen erfolgreich an magnetischen Materialien für elektrische Maschinen, wie sie in der Energietechnik oder auch Elektromobilität eingesetzt werden, geforscht. Ziele sind die Verringerung der Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen sowie die Erhöhung der Energieeffizienz. So kann beispielsweise die Reichweite von Elektrofahrzeugen gesteigert werden. Für diese gesellschaftlich relevanten Fragestellungen passt auch das neue Projekt voll ins Programm: „Mit unserem neuen Forschungsgebäude auf dem Hochschulcampus haben wir hervorragende Bedingungen für die erforderliche Infrastruktur, um die Materialentwicklung der amorphen Bänder voranzutreiben und die Expertise mit ‚coreA‘ noch weiter ausbauen zu können“, freut sich Goll.

Projektpartner von „coreA“ ist das Start-up-Unternehmen ZEI-Tec, das sich kürzlich in Aalen niedergelassen hat. Während sich die Hochschule Aalen mit der Materialentwicklung für hocheffiziente Transformatoren beschäftigt, ist es ZEI-Tec, das das Konzept der Stapelkerne entwickelt und auch patentiert hat. Mit seiner Gießanlage wird ZEI-Tec dann versuchen, die an der Hochschule Aalen gewonnenen Erkenntnisse zur Serienreife zu bringen. „Der Standort Aalen ist sowohl für die Hochschule als auch die Stadt  aufgrund der kurzen Wege und der damit verbundenen Arbeitsplätze höchst interessant. Insbesondere, da ZEI-Tec neben seiner Pilotanlage auch noch eine Serienproduktion in der Region in Erwägung zieht und ihr Erzeugnis für effiziente Transformatoren, Generatoren und Elektromotoren in der Zukunft sehr vielversprechend ist“, sagt Rektor Prof. Dr. Gerhard Schneider. Neben der primären Anwendung in Transformatoren zur Stromverteilung kommen nämlich auch Generatoren und Elektroautos als weitere Anwendungsfelder in Frage, deren Reichweite sich dadurch um 15 Prozent erhöht.

Weitere Projektpartner in „coreA“ sind Siemens Gas and Power, Netze BW, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. „Die großen Energieversorger wie E.ON, EWE Netze oder Netze BW drängen uns immer mehr zum Produktionsstart. Sie benötigen dringend diese Technologien“, stellt ZEI-Tec-Geschäftsführer Dr. Bertram Ehmann  fest.

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