Warum Social Media eine Goldgrube für Loyalty-Programme ist und man bei allem TikTok-Tamtam die Strategie nie vergessen sollte, darüber spricht Alexandra Sliwinski in der neuen Folge des Business-Podcasts „Customer Experience & Technology“ mit Professor Dr. Alexander Decker.

Alexander Decker ist Professor für digitale Medien an der THI Business School und Autor des Buches „Der Social-Media-Zyklus“. Schon früh hat er an vorderster Front erkannt, dass es sich bei den sozialen Netzwerken eben nicht um einen Social-Media-Zirkus und kurzlebigen Hype handelt. So musste er die weltweit erste Social-Commerce-Plattform bei einem der führenden Lebensmittelhersteller mit viel Überzeugungsarbeit durchsetzen – wobei er Rückenwind durch einen plötzlich startenden Shitstorm erhielt, der über das Unternehmen hereinbrach. Für seinen Job, neben den Customer Relations zum Einzelhandel erstmals auch Consumer Relations zu den Endverbrauchern aufzubauen, erwiesen sich die Social Networks als perfektes Tool – eine Herangehensweise, die weit über klassische Newsletter-Opt-Ins hinausging. „Das ist auch nicht immer so einfach. Aber wer sagt denn auch, dass Social Media einfach ist. Man denkt das immer. Ist es aber oft nicht“, so der Social-Commerce-Experte im Podcast. Die folgenden Tipps helfen Unternehmen, Themen wie soziale Medien, Social CRM und Social Commerce mit klarem Blick aufs Ziel anzugehen.

Tipp 1: Denken Sie kundenzentrisch!
So nehmen Sie Ihre Endkunden ins Visier

Wenn Sie überlegen, in den sozialen Netzwerken aktiv zu werden, so sollte das ganze Hand und Fuß haben. Die wichtigste Faustregel für Social Media lautet: Versetzen Sie sich in Ihre Zielgruppe.  Professor Dr. Decker weiß aus eigener Erfahrung, dass bei Herstellern mit B2B-Fokus gerne mal der Endverbraucher übersehen wird, wenn es nur um Customer Relations und nicht Consumer Relations geht. Hier bieten sich die sozialen Netzwerke an, um im B2C-Umfeld Kontakte zu knüpfen. So haben Firmen die Chance, näher an die eigentlichen Konsumenten zu rücken, während diese Marken ohne Distanz erleben – und in einen personalisierten Dialog treten können. Ein solcher kundenzentrischer Ansatz ist für jedes Unternehmen wichtig, auch wenn nur der Einzelhandel beliefert wird und als Mittler zwischen Marke und Produkt steht.

Feel the need, then feed the need

Alexandra Sliwinski sieht diesen ersten Schritt ebenfalls als zentral an: „Wo ist Bedarf und wie kann ich ihn steigern? Wie kann meine Marke auf sich aufmerksam machen, damit einem Konsumenten erst bewusst wird, dass er hier Bedarf hat?“ Und genau hierfür bieten sich soziale Medien als Einstiegstor in die Welt der Verbraucher an. Sowohl Product Awareness als auch Brand Awareness können dort zentral von einem Hersteller über alle seine Marken und alle Kanäle hinweg gesteuert werden. In den digitalen Networks können sich Brands auch deutlich näher und unkonventioneller zeigen – durch starke Interaktion mit Nutzern. Damit geht der Dialog weit über das Sammeln von Newsletter-Registrierungen in vorgefertigten Kontaktformularen hinaus. Insofern ist nun aber auch Interagieren angesagt: Fragen beantworten genauso wie aktiv Fragen aufwerfen und dabei den 1. Tipp immer im Auge behalten: Wie fühlt Ihr Kunde? Was will Ihr Kunde?

Tipp 2: Finden Sie Ihr Ziel!
So gehen Sie mit einer Strategie an die Auswahl der Kanäle

Einer der Fallstricke, der die ersten Schritte in die Netzwerke zum Balanceakt macht, ist die Auswahl der möglichen Kanäle. Dass auf das eine Ohr Buzzwords einprasseln und ins andere Ohr laut in die Welt posaunte Hypes eindringen und vielleicht im Kopf noch eine Klischee-Vorstellung feststeckt, macht das Risiko nicht eben klein, sich in einer Bubble zu verfangen: „TikTok, hab ich gehört, ist das neue große Ding, also los jetzt, nichts wie hin“ wäre aber genau die falsche Herangehensweise. Vielmehr sollte mit kühlem Kopf analysiert werden, worum es sich eigentlich dreht: Was will ich bei wem erreichen und wie? Definieren Sie zuerst Ihre Ziele. Erst dann geht es darum, Kanäle nach den gewünschten Zielgruppen auszuwählen. Der große Trend 2021 heißt demnach wie in all den vergangenen Jahren: Strategie.

Nicht der Weg ist das Ziel, das Ziel zeigt den Weg

Am Beispiel eines typischen Einzelhandelskonzerns lässt sich anschaulich zeigen, wie eine solche Auswahl von Kanälen aussehen kann. Sie hängt nämlich davon ab, was das Ziel ist. Social Commerce wird immer wichtiger, nicht nur aufgrund der Pandemielage. Plattformen wie Pinterest nehmen schon lange die Rolle eines Traffic-Lieferanten ein und gelten als Kanäle, die Einkäufe mit anschieben. Hier bieten sich direkte Verlinkungen mit Onlineshops an, um Verkaufsziele umzusetzen.  Erhebungen haben gezeigt, dass 85 % der Nutzer die Plattform besuchen, um sich inspirieren zu lassen und dann etwas einzukaufen. Dabei gilt Pinterest als sehr weiblicher Kanal, fast 80 % der Besuche erfolgen durch Nutzerinnen. Ähnlich interessant ist Instagram, das Shopping-Buttons testet. Will man gerade Personen ab 35 Jahren erreichen, so eignet sich auch das Traditions-Network Facebook, dessen 2,8 Milliarden Nutzer nahezu jede beliebige Zielgruppe umfassen. Auch Messenger-Marketing bietet sich bei solchen Zielen und Zielgruppen an. Schließlich ist die beliebteste Plattform in Deutschland WhatsApp. Und wenn man Social Media als Plattformen für den Austausch von User-generated Content definiert, dann ist WhatsApp eben auch ein soziales Medium. Wo auch immer – in jedem Fall gilt: Erst sollte Ziel und Zielgruppe gewählt sein, dann folgt der passende Kanal.

Tipp 3: Definieren Sie den Zweck!
So setzen Sie Kanäle zweck- und zielgruppengerecht ein

Dabei sollten Sie aber nicht nur den Kanal, sondern auch den Zweck dieses Mediums für eine bestimmte Zielgruppe planen. Kunden möchten, dass ihr Anliegen schnell gelöst wird. Dazu können Social-Media-Dienste beitragen. So haben sich Messanger zum Beispiel als Servicekanäle bewährt, welche das Einkaufserlebnis des Kunden vor und nach dem Einkauf abrunden. Dagegen könne auf Instagram eher neue Produkte ins Rampenlicht der Community gestellt werden und somit zur Umsetzung bestimmter Up- und Cross-Selling-Strategien dienen. Sie sollten also den Kanal je nach dem beabsichtigten Zweck wählen, um dadurch zum Gesamtziel zu gelangen.

Der Zweck heiligt die Mittel und in diesem Fall die Kanäle

Aktuell ist WhatsApp der Nr.1-Messengerdienst in Deutschland, Facebook eher eine Plattform, auf der sich breite Bevölkerungsschichten tummeln, TikTok die Plattform mit der jüngsten Zielgruppe. Nach Inspirationsquellen für die Shopping-Tour gefragt, gehen in den USA 41% auf TikTok, nur 25% suchen Inspiration auf Instagram. Wer eine extrem junge Zielgruppe ansprechen will, kommt also an einem Medium wie TikTok gar nicht vorbei. Pinterest ist eher weiblich dominiert, wohingegen man Twitch vereinfacht als stärker männlich dominiertes Portal umreißen könnte. Und gerade wenn es um B2B-Kommunikation geht, spielt LinkedIn eine wichtige Rolle.

Tipp 4: Sammeln Sie die Daten!
So binden Sie Kunden durch Kommentare und Kontakte

Unabhängig vom Zweck ist es bei all diesen Plattformen entscheidend, mit der Zielgruppe in Kontakt zu treten. Manchmal dienen die Kanäle einfach nur als Sammelbecken für die Anfragen und Wünsche der Nutzer. In den meisten Fällen empfiehlt sich jedoch ein proaktiver Ansatz: Die Interaktion wird aktiv gefördert durch die Erstellung von Engaging Content. Seien das interessante, lustige, nützlich oder imagefördernde Inhalte wie Badges – sie müssen in jedem Fall gerne geteilt werden.

Upgrade your data and keep it up to date

Denn gerade dann, wenn in Social Media ein aktiver Austausch stattfindet, können Kundenbindungsprogramme mit diesen Kanälen voll interagieren und ein nahezu unerschöpfliches Areal von Daten ausschöpfen. Davon profitieren sowohl die Marketing-Verantwortlichen im Unternehmen als auch die Kunden. Als wahres Eldorado für Marketing-Verantwortliche sieht Prof. Dr. Decker die sozialen Netzwerke auch deshalb, weil ihre Nutzer ihre Daten von sich aus updaten, indem sie folgen, liken und kommentieren. Diese gegenseitige Symbiose bleibt wie ein Perpetuum mobile ständig in Bewegung, wenn sie denn oft genug angestoßen wird. Welche Anlässe für Interaction besonders gut funktionieren, zeigt unser finaler Tipp:

Tipp 5: Spielen Sie mit!
So wecken Sie den Spieltrieb und halten den Kontakt

Brot und Spiele: Dass die Menschen gerne spielen, wussten schon die antiken Unterhaltungsplaner, welche die Fundamente für Olympiaden und Kolosseum legten. Dass die Bühne heute eine virtuelle ist, macht vieles noch einfacher. Online können Games und Challenges auf einfache Art erstellt werden – und mit einem grenzenlosen Publikum geteilt werden. Der User hilft sogar noch und spielt die Rolle des Multiplikators.

Spiel mit uns und sprich mit uns

Das Zauberwort heißt Gamification und ist ein wichtiges Element in der Marketing-Toolbox, das von deutschen Marketeers jedoch zuweilen etwas stiefmütterlich links liegengelassen wird. Dabei spricht der Erfolg für sich. Wie gut Challenges mit digitalen Prämien und sogar ohne Belohnung funktionieren, wird immer wieder eindrucksvoll belegt. Gamification ist dabei eine Form von Content, die ganz auf Storytelling setzt, weil mit spielerischen Mitteln viel stärker an Marke und Purpose herangeführt werden kann. Mit Engaging Content werden die Nutzer gleichzeitig unterhalten, gefördert und angetrieben. Geboten werden die unterschiedlichsten Formen von Suchspielen bis hin zu Interaktionen zwischen digitaler und realer Welt, wenn Übungen erst auf einem Online-Bild erkannt und dann in persona nachgemacht werden müssen. Ein animiertes GIF mit Glücksrad wird dann etwa von einer fünftstelligen Anzahl an Personen gedreht. Diese Interaktion erfreuen nicht nur die Teilnehmer, sie gefallen auch den Algorithmen im Hintergrund, welche Wissen aus Daten sammeln.

Ein Blick auf Trends und Zukunft
Social Commerce ist aktuell eine wichtige Baustelle im Bereich Social Media und wird auch in Zukunft mit seinen Affiliate-Links und Shopping-Buttons ein großes Thema bleiben. TikTok steht hingegen sinnbildlich für den Trend, immer kürzeren und kreativen Content zu erstellen, da die Aufmerksamkeitsspannen kurz sind. Gleichzeitig treten hochspezialisierte Plattformen wie z. B. Audio-Only-Dienste genauso wie All-in-One-Lösungen mit allen Schikanen von Messenger bis Pay als neue Player am Plattformen-Markt auf. Dabei fällt auf, wie sich die Grenzen des Visionären nach Asien verschieben, dass erstmals Non-American-Player auf dem internationalen Markt triumphieren und zuweilen visionär und totalitär dicht aneinander liegen.

Ob nun aber ein Label wie „$ocial American“ oder „社交媒體“ auf dem Network steht (als fiktive Beispiele) und was auch immer die einzelnen Funktionalitäten sind, eines bleibt gleich: Wenn Sie die Elemente Kunden, Zweck, Ziel, Daten und Spiel in einer Strategie aus einem Guss verschmelzen, dann werden Sie die maximalen Potentiale ausschöpfen und Social Media erfolgreich in Ihrer Kundenbindung einsetzen.

Viel detaillierter beschreiben Alexandra Sliwinski und Prof. Dr. Alexander Decker diese Ansätze im großen Talk zu Social Media. Sehen und hören Sie hier Episode 6 des Business-Podcasts „Customer Experience & Technology“: https://www.comarch.de/aktuelles/podcast/

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