Morgen ist der Deutsche Architektentag 2019 in Berlin. Einer der Sprecher ist Ecovis-Baurechtsexperte Stefan Reichert aus München. Seine Themen sind Vergütung und Haftung. Im Interview erklärt er den schmalen Grat zwischen Kreativität und Haftung und welche Folgen das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Honorarordnung für Architekten und Ingenieure hat.

Herr Reichert, was ist das Besondere an dem Rechtsrahmen, in dem sich Architekten bewegen?

Die Rechtsprechung stellt sehr hohe Erwartungen an Architekten und Ingenieure. Sie sollen einerseits kreative Künstler sein und außergewöhnliche Planungskonzepte erstellen. Andererseits brauchen sie umfangreiches Fachwissen über sämtliche am Bau relevanten Gewerke. Und im Zweifel müssen sie dafür auch haften.

Wofür genau haften Architekten?

Architekten haften, wofür sie beauftragt sind. Bei Architekten und Ingenieuren werden die Leistungen an die Leistungsphasen der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, kurz HOAI, angelehnt. Diese Phasen orientieren sich am üblichen Ablauf eines Bauvorhabens: von der Ermittlung der Planungsgrundlagen über den Entwurf bis hin zur Ausführungsplanung, Bauüberwachung und Unterstützung des Bauherrn nach Abschluss der Bauarbeiten. Dazu gehört auch, etwaige Mängel festzustellen. Und für jede dieser Tätigkeiten, mit der der Architekt beauftragt wurde und die er übernommen hat oder eben nicht, haftet er.

Was kann im schlimmsten Fall passieren?

Mit Blick auf den enormen Umfang eines Bauvorhabens reicht die Haftung von hohen Zahlungen für Personenschäden bis hin zu Sachschäden aufgrund fehlerhafter Planung oder Bauüberwachung. Hatte ein Architekt oder Ingenieur zum Beispiel den Auftrag für ein Treppenhaus und bricht sich der Bauherr dort ein Bein, weil die Treppenstufen zu kurz oder die Abstände ungleichmäßig sind, dann haftet dafür der Architekt oder der Ingenieur.

Wie können sich Architekten vor dem Haftungsrisiko schützen?

Einen umfangreichen Schutz gegen Haftungsrisiken gibt es für den Architekten leider nicht. Trotzdem kann er viel tun, um seine eigenen Risiken in einem überschaubaren Rahmen zu halten. Ganz wichtig ist es, sich selbst für schwierige Situationen zu sensibilisieren und Risiken zu erkennen. Die Vertragsgestaltung spielt eine große Rolle. Auch wenn das im hektischen Baustellenalltag oft zu kurz kommt: Die schriftliche Dokumentation einzelner Überwachungstätigkeiten hilft enorm, wenn es zu Streitereien kommt. Risiken lassen sich auch minimieren, indem sich vor allem der mit der Vollarchitektur beauftragte Architekt ein Netzwerk an Fachplanern schafft, die er bei umfangreicheren Bauvorhaben in Absprache mit dem Bauherrn jeweils als Subplaner einsetzt.

Unabhängig vom Thema Haftung: Was tut sich gerade im Architektenrecht?

Ein großes Thema ist aktuell das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4. Juli 2019 (Aktenzeichen: C-377/17) und dessen Auswirkungen. Konkret geht es darum, dass die in der HOAI verbindlich festgelegten Mindest- und Höchstsätze nach Auffassung des EuGH europarechtswidrig sind. Heftig umstritten ist momentan, was das Urteil für die Praxis bedeutet. Ob und in welchem Verhältnis die Mindest- und Höchstsätze bis zu einer Umsetzung des Urteils durch den Gesetzgeber weiterhin anwendbar sind – und damit auch einklagbar –, gehen in der Rechtsprechung und der Literatur weit auseinander. Auch wenn das Gesetzgebungsverfahren noch läuft und viel Unsicherheit herrscht, können sich Architekten und Ingenieure aktuell natürlich an der HOAI orientieren und beispielsweise einen Mindestsatz vereinbaren. Dafür ist eine gute Vertragsgestaltung gefragt.

Das klingt nach viel Arbeit. Zum Abschluss noch etwas leichtere Kost: Was reizt Sie am Architektenrecht besonders?

Das Architektenrecht ist sehr vielseitig. Zum einen gestalten wir natürlich Architekten- und Ingenieurverträge, um Probleme bei der Vergütung von geänderten Planungsleistungen und spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Zum anderen wichtig ist die vorvertragliche Beratung. Wir bieten Planungsbüros Inhouse-Schulungen oder Fachvorträge an, um das Bewusstsein für potenziell problematische Konstellationen zu schärfen. Dazu gehören beispielsweise Abdichtungen oder Betonarbeiten. Und wir vertreten unsere Mandanten in gerichtlichen und außergerichtlichen Streitigkeiten. Da geht es oft nicht nur um rein juristische Fragen, sondern auch um technische Zusammenhänge und die Prozessführung. Das ist schon sehr spannend.

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