Bekommt man während eines Pflichtpraktikums in Vorbereitung auf eine Ausbildung zum Agrarbetriebswirt Kindergeld? Dies musste der Bundefinanzhof (BFH) entscheiden. Für den BFH steht der Ausbildungscharakter im Vordergrund, wenn weiterhin Kindergeld fließen soll.

Bis zum 18. Geburtstag bekommen Eltern für ihre Kinder Kindergeld. Für Volljährige gibt es nur unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin Kindergeld:

  • Eltern bekommen Geld für Kinder bis diese 25 Jahre alt sind, wenn die Kinder eine Berufsausbildung absolvieren.

Besteht aber auch für junge Erwachsene ein Kindergeldanspruch, wenn sie nach einer Lehre und vor dem Start einer Fachschule im Rahmen eines Praxisjahres in verschiedenen Betrieben ein Praktikum machen? Diese Frage musste jetzt der BFH klären.

Darum ging es

Geklagt hatte die Mutter eines angehenden Agrarbetriebswirts. Nach seinem Abitur schloss er im Juli 2017 eine Berufsausbildung zum Landwirt ab. Anschließend meldete er sich bereits im Juni 2017 beim Berufskolleg der Landwirtschaftskammer im Bildungsgang Fachschule für Agrarwirtschaft – Fachrichtung Landwirtschaft an. Als Berufsziel wählte er den staatlich geprüften Agrarwirt.

Für die Zulassung zur Abschlussprüfung der Fachschule ist nach der Ausbildung ein Praxisjahr nachzuweisen. Dieses sollte man am besten vor Beginn der Fachschulausbildung absolvieren. Deshalb war der Sohn von August bis Dezember 2017 als Praktikant in zwei verschiedenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben tätig. Zu klären war nun, ob die Mutter für ihren volljährigen Sohn zwischen August bis Dezember 2017 Anspruch auf Kindergeld hatte.

So entschied der Bundesfinanzhof

Laut BFH ist zu unterscheiden, ob bei Praktika der Ausbildungscharakter oder die bezahlten Arbeitsleistungen  – also die Erwerbstätigkeit – im Vordergrund steht. Die obersten Finanzrichter stellten klar: Einen Anspruch auf Kindergeld haben Eltern nur, wenn der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht – nicht die Arbeitsleistung. Die genaue Bezeichnung der Tätigkeit ist dabei egal (Bundesfinanzhof, Urteil vom 23.03.2022, Az. III R 41/20).

Kriterien, die für einen vorrangigen Ausbildungscharakter sprechen können, sind:

  • Es liegt ein Ausbildungsplan vor.
  • Der Betrieb weist den jungen Erwachsenen in Tätigkeiten ein, die qualifizierte Kenntnisse und/oder Fertigkeiten erfordern.
  • Die Praktikanten erlangen für die angestrebte Berufstätigkeit einen Abschluss
  • Es fließt gegenüber einem normalen Arbeitsverhältnis ein geringeres Entgelt.

Fazit

Die Finanzrichter konnten in dem Verfahren nicht ermitteln, ob beim angehenden Agrarwirt die berufliche Qualifikation im Vordergrund stand. Dies hat nun das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang zu prüfen. „Betroffene Eltern sollten Kindergeld beantragen und gegebenenfalls per Einspruch auf das BFH-Urteil verweisen. Wichtig ist, dass sie anhand entsprechender Dokumente der Fachschulen und Bescheinigungen des Landwirtschaftsbetriebs den Ausbildungscharakter der Tätigkeit des Kindes belegen können“, rät Ecovis-Steuerberater Armin Fottner in Pfaffenhofen.

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