Obst- und Gemüsebauern sind genervt. Kaum beginnt die Saison, klauen Spaziergänger ihnen Erdbeeren, Blumen, Kürbisse oder Kartoffeln vom Feld. Ecovis-Rechtsanwalt Stefan Kröber aus Leipzig verrät, wie Landwirte sich wehren können.

Herr Kröber, viele Landwirte beklagen sich, dass sich Spaziergänger, Auto- oder Fahrradfahrer auf ihren Feldern einfach so bedienen. Wie sieht hier die rechtliche Situation aus?

Viele Landwirte kennen dieses Problem: Erdbeeren kommen dabei genauso häufig weg wie Sonnenblumen, Zuckerrüben, Äpfel oder Kartoffeln. Die Rechtslage ist hier eindeutig: Was Spaziergänger, Fahrradfahrer oder Autofahrer als „Selbstbedienungsladen“ wahrnehmen, hat zwar von außen betrachtet einen geringen Wert, aus strafrechtlicher Sicht handelt es sich dabei aber um Diebstahl. Allerdings ist das Gesetz hier etwas penibel, es spricht von einem „Diebstahl geringwertiger Sachen“. Das ist im Strafgesetzbuch in Paragraph 248 geregelt. Darin steht, dass die Strafverfolgungsbehörden den Diebstahl und die Unterschlagung geringwertiger Sachen nur auf Antrag verfolgen.

Was genau versteht das Gesetz unter geringwertig?

Ein Diebstahl geringwertiger Sachen liegt vor, wenn das Diebesgut objektiv geringwertig ist. Maßgeblich ist dabei der Verkehrswert der Sache zur Tatzeit, also zum Beispiel der Wert von Erdbeeren oder Kartoffeln. Der Bundesgerichtshof (BGH) setzte in seinem Urteil vom 3. Mai 2016 die Grenze für die Geringwertigkeit bei einem Wert des Diebesguts von weniger als 25 Euro fest (BGH 3 StR 114/16).

Wann wird die Polizei aktiv?

Einen Diebstahl geringwertiger Sachen verfolgt die Polizei normalerweise nur auf Strafantrag des Bestohlenen. Das bedeutet, dass der bestohlene Landwirt zwingend für eine Strafverfolgung den Diebstahl der Früchte oder des Gemüses bei Polizei oder Staatsanwaltschaft anzeigen muss. Der Anzeigeerstatter kann dabei nur der durch den Diebstahl geschädigte Eigentümer sein. Ertappt die Polizei einen Dieb auf frischer Tat und stellt der Eigentümer keinen Strafantrag, kommt der Dieb ohne Strafe davon. Denn die Polizei sieht in der Regel bei einer gestohlenen geringwertigen Sache kein öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung.

Was können Landwirte denn dann machen? Einfach zuschauen?

Nein, sich einfach beklauen lassen, das muss niemand. Als Landwirt müssen Sie den Diebstahl anzeigen. Bei einer Strafanzeige gegen unbekannt und aufgrund des geringen Werts von Obst oder Gemüse wird die Polizei ein solches Verfahren jedoch nach mehreren Monaten einstellen. Stehlen Diebe im großen Stil und damit einen Warenwert über 25 Euro, muss die Polizei das verfolgen – auch ohne Anzeige. Wir raten Landwirten dazu, ihre Felder entweder mit einem Zaun zu schützen, eine Vertrauenskasse vor Ort einzurichten oder sich auf die Lauer zu legen, um den Dieb auf frischer Tat zu ertappen. Dann kann er anschließend bei der Polizei angezeigt werden.

Stefan Kröber, Rechtsanwalt bei Ecovis in Leipzig

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