Etwa 20 Prozent der rund vier Millionen Selbstständigen in Deutschland sind aktuell rentenversicherungspflichtig. Der Großen Koalition sind das viel zu Wenige. Bis Ende 2019 soll daher ein Gesetzesentwurf vorliegen, der Selbstständige zur Altersvorsorge zwingt. Was geplant ist, erklärt Ecovis-Rechtsanwalt Gunnar Roloff in Rostock.

„Nur, weil circa 80 Prozent der Selbstständigen nicht über Versorgungswerke oder in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, heißt das ja nicht, dass sie nichts für ihre Altersvorsorge tun“, sagt Gunnar Roloff, Rechtsanwalt bei Ecovis in Rostock. Dennoch will Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sie noch in diesem Jahr dazu verdonnern, dass sie in die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) einzahlen.

Wer ist betroffen?

Betroffen sind grundsätzlich alle Selbstständigen gemäß Sozialversicherungsrecht, zum Beispiel:

  • beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer, die über 50 Prozent der Stimmrechte haben,
  • Einzelunternehmer,
  • eingetragene Kaufleute und
  • Gesellschafter einer OHG oder GbR.

„Wer als Unternehmer bisher noch keine Rentenversicherungsbeiträge in die gesetzliche Rente einzahlt, wird sich mit dem neuen Gesetz beschäftigen müssen“, fasst Roloff zusammen. Ausgenommen bleiben alle, die bereits Pflichtbeiträge in Versorgungswerke oder die landwirtschaftliche Alterskasse zahlen.

Was der Gesetzgeber für Selbstständige plant

Noch ist unklar, wie genau die Zwangsversicherung aussehen soll. Geplant ist eine Wahlmöglichkeit zwischen Einzahlungen in die GRV oder in eine andere Art der Altersvorsorge. Selbstständige könnten sich also auch für eine Form der betrieblichen Altersvorsorge oder für eine private Versicherungspolice entscheiden. „Infrage kommen könnte die Rürup-Rente. Sie ist mit der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar, nicht vererbbar, beleihbar oder kapitalisierbar“, erklärt Rechtsanwalt Roloff.

Diese Fragen sind noch offen

Selbstständige, die schon jetzt wissen wollen, was auf sie zukommen kann, müssen sich noch gedulden. Denn bisher ist noch nicht ganz klar, wer tatsächlich unter die Rentenversicherungspflicht fällt, und ob auch ältere Selbstständige betroffen sind. Ebenfalls unklar ist: Welche Ausnahmen wird es geben? Wie werden Gründer behandelt? Werden bestehende Altersversorgungsmodelle angerechnet?

„Die Koalitionsparteien haben sich bislang nur auf schwammige Begriffe geeignet, wie insolvenzsicher oder gründerfreundlich. Klar ist allerdings: Die Vorsorgearten müssen zu einer Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus führen“, kommentiert Roloff den aktuellen Diskussionsstand. „Wir hoffen sehr, dass der Gesetzgeber nicht nur gründerfreundlich, sondern grundsätzlich mit Augenmaß agiert. Schließlich sollen gestandene Mittelständler nicht mit weiteren Zwangsabgaben belastet werden“, meint Roloff.

Was Selbstständige jetzt schon machen können

Noch sind die Marktzinsen niedrig, und Geld für Erspartes gibt es von den Banken nicht. Da kann es für Selbstständige attraktiv sein, freiwillig in die GRV einzuzahlen. „Selbstständige dürfen sich freiwillig gesetzlich rentenversichern. Das Gute dabei: Sie können ihre Beitragshöhe selbst bestimmen“, erklärt der Rostocker Ecovis-Experte. Sie können maximal 14.954,40 Euro oder Minimum 1.004,40 Euro im Jahr 2019 einzahlen. „Das kann für diejenigen interessant sein, die während ihrer Ausbildung oder als frühere Angestellte schon einmal Rentenpunkte gesammelt haben“, sagt Roloff.

Sonderfall: Solo-Selbstständige

Solo-Selbstständige, die ohne angestellte Mitarbeiter tätig sind und vorwiegend für einen Auftraggeber arbeiten, fallen schon jetzt unter die GRV. Sie gelten als arbeitnehmerähnliche Selbstständige. In der Existenzgründungsphase, die drei Jahre dauert, können sie sich allerdings von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. „Ob und wie lange das auch künftig der Fall sein wird, ist abzuwarten“, sagt Ecovis-Rechtsanwalt Roloff.

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