In seiner Rede machte Präsident Christof Burger deutlich, wie stark weltpolitische Entwicklungen mittlerweile den betrieblichen Alltag beeinflussen. Krieg, geopolitische Konflikte, nationale Regulierungsschritte – all das schlage direkt auf Materialpreise, Planungssicherheit und Auftragslage durch. „Wir leben in herausfordernden Zeiten. Das ist keine Floskel, sondern eine nüchterne Beschreibung unserer Realität.“, so Burger.
„Eines ist klar: Wir brauchen die Europäische Union – für Frieden, Wohlstand und freien Handel. Aber genauso klar ist: Die Bürokratie in Brüssel hat ein Maß erreicht, das vielen Betrieben die Luft zum Atmen nimmt.“
Klare Forderungen an die Politik
Burger unterstrich zentrale politische Forderungen des Handwerks: Von der Senkung der Stromsteuer für alle Betriebe auf das europäische Mindestmaß,
dem Erhalt des Vorrangs der Losvergabe bei öffentlichen Aufträgen,
über eine umfassende Baurechtsreform, die Wohnen, Arbeiten und Stadtentwicklung zusammendenkt, bis hin zu einem konsequenten Bürokratieabbau, um Betriebe von jährlich milliardenschweren Lasten zu befreien.
Zugleich betonte Burger, wie stabil sich das südbadische Handwerk trotz schwieriger Lage entwickelt: rund 16.000 Betriebe im Kammerbezirk, keine Insolvenzwelle, aber ein spürbarer Rückgang bei meistergeführten Betrieben und zunehmende Herausforderungen durch Schwarzarbeit. Die Handwerkskammer reagiert hier mit verstärkter Kooperation mit Zoll, Stadt Freiburg und Rentenversicherung sowie der Einrichtung einer festen Lenkungsgruppe.
Mit Blick auf zentrale Zukunftsthemen stellte Burger Projekte wie „Next Generation Handwerk“ – bei dem intensiv für Betriebsübernahmen geworben wird – , die Stärkung der Ausbildungsstandorte sowie die positiven Beschlüsse des Landes zum Ausbau der Bildungsinfrastruktur heraus.
„Das Handwerk denkt langfristig“
Eine zentrale gute Nachricht betrifft die Ausbildungszahlen im Kammerbezirk.
Geschäftsführerin Annette Rebmann-Schmelzer zeigte sich hochzufrieden: „Mit 2.636 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen verzeichnen wir das stärkste Plus seit über 20 Jahren – ein Zuwachs von sieben Prozent zum Vorjahr. Das zeigt: Das Handwerk in Südbaden denkt nachhaltig, langfristig und übernimmt Verantwortung für die Fachkräftesicherung.“
Berufsorientierung als Schlüssel
Trotz erfreulicher Zahlen bleiben viele Lehrstellen unbesetzt – allein in Baden-Württemberg rund 10.000 über alle Branchen hinweg. Die Handwerkskammer Freiburg setzt hier auf gezielte Berufsorientierung: Etwa mit den Joberkundungstagen (JET), bei denen 2025 rund 1.800 Schülerinnen und Schüler aus 40 Schulen, praktische Einblicke in mehrere Gewerke erhalten haben. Oder das Ausbildungsbotschafter-Programm (ABB), bei dem 65 aktive Auszubildende aus 30 Gewerken in diesem Jahr über 2.000 Jugendliche erreicht haben. „Nur ein Drittel der Jugendlichen fühlt sich laut Bertelsmann-Stiftung gut informiert. Berufsorientierung ist deshalb unverzichtbar – ohne sie geht es nicht mehr“, betonte Rebmann-Schmelzer.
Mehr Frauen und mehr internationale Fachkräfte
Ein besonders positiver Trend: Der Anteil weiblicher Auszubildender stieg von 16,9 auf 20,3 Prozent. Programme wie das Mentorinnen-Netzwerk oder „Klimaheldinnen“ stärken Frauen im Handwerk und werben insbesondere für Zukunftsbereiche wie SHK-Klimagewerke.
Parallel steigt die Bedeutung internationaler Fachkräfte. So haben 27 Prozent der neuen Auszubildenden keinen deutschen Pass – die Jugendlichen kommen aus 75 Ländern, darunter besonders häufig aus der Türkei, Vietnam, Syrien, der Ukraine und Indien. „Fachkräfteeinwanderung in Ausbildung muss schneller und praxistauglicher werden. Kein Behörden-Hopping, weniger Wartezeiten und eine frühe Sprachförderung – das ist entscheidend“, so Rebmann-Schmelzer.
Freiwilliges Handwerkerjahr und lebenslanges Lernen
Das Handwerk arbeitet auf Bundes- und Landesebene an der Einführung eines Freiwilligen Handwerkerjahres – mit bis zu vier Praktika, geregelter Bezahlung und möglicher Anrechnung auf die Ausbildung. Gespräche mit dem Bundesbildungsministerium laufen. „Das Freiwillige Handwerkerjahr kann ein weiteres Instrument sein, um jungen Menschen Orientierung zu geben und die passende Berufsentscheidung zu erleichtern“, so Rebmann-Schmelzer.
„In der handwerklichen Berufsbildung wird lebenslanges Lernen immer wichtiger – wir als Gewerbe Akademie sind dafür der verlässliche Partner.“
Hintergrundinformation Vollversammlung
Die Vollversammlung ist das oberste Gremium der Handwerkskammer Freiburg. Die 42 gewählten Mitglieder des Gremiums, 28 selbstständige Handwerkerinnen und Handwerker bzw. Inhaberinnen und Inhaber von Betrieben des handwerksähnlichen Gewerbes sowie 14 Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter, bestimmen maßgeblich die Grundsatzentscheidungen der Kammer und üben das Budgetrecht aus. Dabei sind alle Gewerkegruppen und Landkreise proportional zu ihrer tatsächlichen Verteilung vertreten. Die Wahlen zur Vollversammlung erfolgen alle fünf Jahre.
Die Handwerkskammer Freiburg ist Dienstleister und Ansprechpartner für fast 16.000 Handwerksbetriebe mit mehr als 100.000 Beschäftigten und rund 6.500 Auszubildenden in den Landkreisen Ortenau, Emmendingen, BreisgauHochschwarzwald, Lörrach sowie dem Stadtkreis Freiburg. Die Mitgliedsbetriebe in Südbaden generierten im Jahr 2023 einen Umsatz von mehr als 10 Milliarden Euro.
Neben den staatlichen Pflichtaufgaben in Ausbildung, Prüfungswesen und Handwerksrolle übernimmt die Handwerkskammer Freiburg zahlreiche weitere Aufgaben. Sie unterhält moderne Beratungs- und Bildungszentren, in denen sie ihren Mitgliedern ein breites Spektrum an Service bietet: berufliche Bildungsangebote, Nachwuchswerbung, Rechtsberatung sowie Beratung in den Bereichen „Betriebswirtschaft“, „Betriebsübergabe und – übernahme“, „Innovation“, „Umwelt“, „Außenwirtschaft“, „Fachkräftesicherung“, „Organisationsentwicklung“ und „Digitalisierung“. Daneben unterstützt sie Existenzgründer und fördert das Handwerk vor Ort.
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