Wasserstoff wird als Energieträger zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Er kann aus erneuerbaren Energien in Elektrolyseuren CO2-neutral hergestellt und dann in Brennstoffzellen in elektrische Energie umgewandelt werden. Gerade im Güterverkehr können Brennstoffzellen ihre Vorteile gegenüber batterieelektrischen Fahrzeugen ausspielen. Aber auch im stationären Bereich gibt es viele zukünftige Einsatzgebiete für Brennstoffzellen. Bei der Herstellung von Brennstoffzellen sind effiziente Taktzeiten und absolute Präzision maßgeblich.
Das große Ziel ist es, die Fertigungskosten zu reduzieren, um den Einsatz dieser Technologie wirtschaftlicher zu machen. Das kann allerdings nur durch Skalierungseffekte erreicht werden, die vollautomatisierte Anlagen mit entsprechend hohen Kapazitäten erfordern. Momentan ist diese Art von Produktionsanlagen auf dem Markt noch nicht verfügbar und auch das Design der Bauteile muss hinsichtlich einer automatisierungsgerechten Konstruktion weiterhin optimiert werden. Deshalb ist es sinnvoll, bereits jetzt nach Wegen zu suchen, wie sie automatisiert und massentauglich hergestellt werden können. Genau das hat sich ein Forschungsteam vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA sowie vom Centrum für Digitalisierung, Führung und Nachhaltigkeit Schwarzwald (Campus Schwarzwald) im Projekt »H2FastCell« vorgenommen. Gemeinsam mit Teams aus fünf Unternehmen wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bis 2023 eine Roboterzelle entwickeln, die die einzelnen Schichten einer Brennstoffzelle in Sekundenschnelle und mit absoluter Präzision montiert.

13 Minuten bis zum fertigen Stack
Ein Brennstoffzellenstack besteht aus aufeinandergestapelten Lagen von Bipolarplatten, über den Wasserstoff und Sauerstoff eingeleitet werden, und Membran-Elektrodeneinheiten, in denen die beiden chemischen Elemente miteinander reagieren. Weil bei dieser Reaktion nur eine Spannung von maximal einem Volt entsteht, müssen für einen Brennstoffzellenmotor, der z.B. einen Lastwagen antreiben soll, ungefähr 400 Brennstoffzellen aufeinandergestapelt werden. Dabei ist Präzision gefragt. Denn jede Abweichung – und sei es im Mikrometerbereich – kann die Leistung des Brennstoffzellensystems mindern.

Der Montageroboter, der im Forschungsprojekt H2FastCell das Stacking, also das Aufeinanderstapeln von Bipolarplatten und Membran-Elektrodeneinheiten im Wechsel, übernehmen soll, wird daher die einzelnen Schichten scannen, während er sie greift. Da er mehrere Stacks parallel stapelt, kann er eine Schicht spontan dem Stack zuordnen, auf den die Abmessungen am besten passen. Leistungsminderungen werden dadurch vermieden bevor sie entstehen. Das alles soll so schnell geschehen, dass es für Menschen schwer sein wird, die einzelnen Montageschritte mit bloßem Auge mitzuverfolgen: eine Sekunde pro Schicht. Ein Stack, der aus 400 einzelnen Brennstoffzellen zusammengesetzt ist, wäre also schon nach etwa 13 Minuten fertig gestapelt. Manuell würde ein Vielfaches der Zeit benötigt werden.

Preise für Brennstoffzellen könnten fallen
»Wenn der Durchsatz der Stacks derart erhöht wird, ist damit die Grundlage für die industrielle Massenproduktion von Brennstoffzellen gelegt. Die Preise würden fallen und der Einsatz von Brennstoffzellen in mobilen Schwerlastanwendungen wäre endgültig wettbewerbsfähig«, sagt Friedrich-Wilhelm Speckmann vom Zentrum für digitalisierte Batteriezellenproduktion am Fraunhofer IPA. Er und Erwin Groß von der Abteilung Unternehmensstrategie und -entwicklung am Fraunhofer IPA leiten das Forschungsprojekt H2FastCell.

Demonstrator-Stackinganlage am Campus Schwarzwald
Bis Sommer 2023 will das Forschungsteam am Campus Schwarzwald in Freudenstadt eine Demonstrator-Stackinganlage für die automatisierte Brennstoffzellenmontage aufgebaut haben. Diese Anlage wird Unternehmen für weitere Versuche, Machbarkeitsstudien und Validierungen zur Verfügung stehen. »Wir legen mit diesem ersten Projekt den Grundstein für unser zukünftiges Forschungszentrum für biointelligente Wasserstoff-Kreislaufwirtschaft im Schwarzwald. Damit wollen wir die Wasserstofftechnologie gemeinsam mit Unternehmen in Baden-Württemberg für die mobile und stationäre Nutzung als Energieträger nutzbar machen«, sagt Stefan Bogenrieder, Geschäftsführer des Campus Schwarzwald.

Das Forschungsprojekt H2FastCell ist am 26. Juli 2021 angelaufen und auf zwei Jahre angelegt. Beteiligt sind neben dem Fraunhofer IPA und dem Campus Schwarzwald fünf Unternehmen aus Baden-Württemberg: der Softwareentwickler ISG Industrielle Steuerungstechnik GmbH aus Stuttgart, der Vakuumtechnikhersteller J. Schmalz GmbH aus Glatten im Nordschwarzwald, der Sensorproduzent i-mation GmbH aus Rottweil, der Maschinen- und Anlagenbauer teamtechnik Maschinen und Anlagen GmbH aus Freiberg am Neckar und der Automatisierungstechniker WEISS GmbH aus Buchen im Odenwald. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg fördert H2FastCell mit rund 2,3 Millionen Euro.

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Der Campus Schwarzwald ist in der Region Schwarzwald das Zentrum für Lehre, Forschung und Technologietransfer der Maschinenbau- und produzierenden Industrie mit den Themengebieten Digitalisierung, Führung und Nachhaltigkeit.

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