Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zieht erneut Konsequenzen aus dem wissenschaftlichen Fehlverhalten von geförderten oder am Förderhandeln beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Der Hauptausschuss der größten Forschungsförderorganisation und zentralen Selbstverwaltungseinrichtung für die Wissenschaft in Deutschland beschloss am Mittwoch, dem 1. Juli, in seiner Sitzung im Rahmen der Jahresversammlung in zwei Fällen umfangreiche Maßnahmen gemäß der Verfahrensordnung der DFG zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten. Wie alle Gremiensitzungen der DFG-Jahresversammlung 2020 fand auch die Sitzung des Hauptausschusses infolge der Coronavirus-Pandemie und der Einschränkungen des öffentlichen Lebens in virtueller Form als Videokonferenz statt.

Im ersten der beiden Fälle wurden der DFG gegenüber Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens gegen Leiter eines geförderten Projektes geäußert, nach deren erster Prüfung die DFG im September 2019 ein Untersuchungsverfahren einleitete. In diesem kam der Ausschuss zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu der Bewertung, dass im Rahmen der Feldforschungen des geförderten Projekts in insgesamt vier Fällen ein wissenschaftliches Fehlverhalten vorgelegen habe und dem Projektleiter zuzurechnen sei. So seien einzelne Abläufe und Ergebnisse der Feldforschungen in Dokumentationen und Arbeitsberichten falsch erfasst worden, was im Sinne der DFG-Verfahrensordnung eine Falschangabe darstelle. Zudem seien einzelne Primärdaten des Projekts wie Funde und Befunde beseitigt worden, was ebenfalls als wissenschaftliches Fehlverhalten zu werten sei. Bei seiner Würdigung des Falles wertete es der Untersuchungsausschuss als erschwerend, dass der Projektleiter als erfahrener Wissenschaftler trotz mehrfacher externer Hinweise seiner Fürsorgepflicht und Vorbildfunktion für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Projekts und insbesondere für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in frühen Karrierephasen nicht zureichend nachgekommen sei.

Als geeignete und angemessene Maßnahmen gemäß der Verfahrensordnung schlug der Ausschuss zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens dem Hauptausschuss den Ausspruch einer schriftlichen Rüge, den zweijährigen Ausschluss von der Antragstellung bei der DFG, die zweijährige Nichtinanspruchnahme als Gutachter sowie den zweijährigen Ausschluss aus den Gremien der DFG vor. Mit seiner heutigen Entscheidung folgte der Hauptausschuss diesem Vorschlag.

Im zweiten Fall hatte ein Antragsteller gegenüber der DFG den Verdacht geäußert, dass ein mutmaßlicher Gutachter aus zwei Förderanträgen, die aus fachlichen Gründen abgelehnt worden waren, zahlreiche Inhalte in eine eigene Publikation übernommen habe. Da der Autor der Publikation tatsächlich identisch mit dem Gutachter der Anträge war, leitete die DFG auch hier ein Untersuchungsverfahren ein.  

Der Ausschuss zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens kam in diesem Verfahren zu der Feststellung, dass der Gutachter Daten, Theorien und Erkenntnisse, von denen er im Rahmen seiner Begutachtung Kenntnis erlangt hatte, unbefugt für eigene wissenschaftliche Zwecke verwertet habe. Die von ihm veröffentlichte Publikation habe sich ganz wesentlich aus den Inhalten der beiden begutachteten Förderanträge zusammengesetzt. Damit habe er ein wissenschaftliches Fehlverhalten und zugleich einen besonders schwerwiegenden Vertrauensbruch als Gutachter begangen und dem Wissenschafts- und insbesondere dem Peer Review-System wie auch der DFG als Förderorganisation geschadet.

Als geeignete und angemessene Maßnahmen gemäß der DFG-Verfahrensordnung schlug der Ausschuss zur Untersuchung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens dem Hauptausschuss auch hier den Ausspruch einer schriftlichen Rüge vor. Zudem solle der Gutachter aufgefordert werden, die entsprechende Publikation zurückzuziehen, und für acht Jahre nicht mehr als Gutachter für die DFG in Anspruch genommen werden. Mit seinem heutigen Beschluss folgte der Hauptausschuss auch diesen Vorschlägen.

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