Seit dem 28. Juni 2020 ist die Verordnung (EU) 2020/749 für neue Höchstgehalte für Chloratrückstände in Lebensmitteln in Kraft getreten und gilt somit auch rückwirkend bei Produkten, die vor dem Datum hergestellt oder in die EU eingeführt wurden.

Chlorate wurden früher u.a. als Pflanzenschutzmittel (Totalherbizide) verwendet. Schon seit längerer Zeit dürfen Chlorate EU-weit allerdings nicht mehr als Pestizid angewendet werden. Trotz dieses Verbots werden immer wieder Chloratrückstände in Lebensmitteln gefunden. Die Gründe dafür können sehr unterschiedlich sein. Kontaminationen aus der Anwendung von gechlortem Waschwasser oder Bewässerungswasser können ursächlich sein. Weiterhin ist die Aufnahme von Chlorat aus Böden, die durch industrielle Einflüsse oder aus früherer Verwendung von chlorathaltigen Düngemitteln belastet sind, nicht auszuschließen.

Die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) sammelte in den Jahren 2014-2018 Daten, um die Befundlage besser einschätzen zu können. Daraus ging hervor, dass die Befunde je nach Erzeugnis variieren und den Standard-RHG von 0,01 mg/kg nach Pestizid-VO (EG) 396/2005 überschreiten. In einem wissenschaftlichen Gutachten legte die Behörde eine duldbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von 3 µg/kg Körpergewicht pro Tag und eine akute Referenzdosis (ARfD) von 36 µg/kg Körpergewicht fest, die zur toxikologischen Beurteilung von Chloratbefunden herangezogen werden sollte. Auf Basis dieser toxikologischen Risikoabschätzung wurde in den letzten Jahren auch die Verkehrsfähigkeitsbeurteilung für Produkte, die Chloratrückstände enthielten, vorgenommen. Weiterhin einigten sich die Mitgliedsstaaten auf einen Aktionsplan mit verschiedenen Maßnahmen, z.B. im Bereich Trinkwasser und Hygiene, um die Gehalte zu senken.

Mit der Verordnung (EU) 2020/749 werden nun spezifische Höchstgehalte für Chlorat festgelegt, die eine Kontamination aus den oben genannten Quellen berücksichtigen und somit bei Beachtung einer guten Herstellungspraxis einzuhalten wären. Diese gelten für alle Warenarten gemäß Anhang I der Pestizid-VO (EG) 396/2005. Für zusammengesetzte, verarbeitete Produkte gemäß Artikel 20 der Verordnung können zusätzliche Chlorat-Einträge (Neueinträge bei der Verarbeitung von Lebensmitteln) geltend gemacht werden. Die Beweislast dafür liegt gemäß Fußnote (A) allerdings beim Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer.

Nach Aussage des Bundesverbandes für Naturkost Naturwaren (BNN) e.V. fallen Chlorat-Befunde nicht in den Anwendungsbereich des BNN-Orientierungswertes für Pestizide. Zur Beurteilung von Chlorat-Befunden in Produkten aus ökologischem Anbau ist deshalb ausschließlich der gesetzliche Höchstgehalt gemäß Verordnung (EU) 2020/749 heranzuziehen. Von dieser Praxis würde nur abgewichen werden, wenn sich der Nachweis von Chlorat eindeutig auf den Einsatz eines chlorathaltigen Pestizides zurückführen ließe.

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